Sehr oft werde ich in Beratungsgesprächen zum Thema Personalentwicklung und Personalbindung durch Spiel mit der Frage konfrontiert, wie ich mit Menschen umgehe, die nicht gerne spielen. Weiterhin stellt sich die Frage, ob gerade ältere Mitarbeiter bei einer Spiellösung ein Problem darstellen. Zwei Fragen, die ich sehr gerne beantworten möchte.
Was ist Spielen
Spielen stellt für Menschen ein Grundbedürfnis dar. Daher kann man eigentlich nicht behaupten, dass es sogenannte Nichtspieler gibt. Vielleicht wurde nur noch nicht das richtige Spiel für die jeweilige Person gefunden.
Der erste spielerische Kontakt findet höchstwahrscheinlich bereits im wohl behüteten Bauch der Mutter statt. Jeder kennt es oder hat schonmal davon gehört, wenn der Babybauch plötzlich eine kleine Delle zeigt, wo man dann einen Kopf, ein Knie, einen Fuß oder eine Hand des Kindes vermuten kann. Manchmal kann man sogar sehen, wie es sich dann bewegt. Die meisten Mütter machen dann genau das Entscheidende, worauf es mir jetzt ankommt. Sie geben Feedback indem sie das Baby liebevoll antippen. Hier entsteht die erste Form von Spielen in unserem Leben.
Weiterhin werden wir dann, im Leben einmal angekommen, durch Spielen erzogen und geprägt. Auch dabei gibt es ständiges Feedback in Form von gut oder schlecht gemacht. Spielen ist für jedes Kind absolut selbstverständlich. Nicht nur die offensichtlichen Spiele wie „Mensch ärgere dich nicht“ oder „Memory“ tragen zu unserer Erziehung bei.
Es zählen auch die spielerischen Ansätze wie das Wettrennen, wer sich zuerst angezogen oder das Zimmer aufgeräumt hat. Alltägliche und langweilige Dinge, die ein Mensch im Leben zuerst lernen muss, bevor er es als notwendig betrachtet und ohne extrinsischen Anreiz durchführt. Leider verlernt der Mensch diese Selbstverständlichkeit zum Spielen gerne im fortschreitenden Alter. Aber Spielen ist in uns sehr tief verankert, so dass es jederzeit durch den wahrscheinlichen Urtrieb funktionieren kann.
Johann Huizinga schreibt 1938 in seinem Buch Homo Ludens, „Spiel ist älter als Kultur; denn so ungenügend der Begriff Kultur begrenzt sein mag, er setzt doch auf jeden Fall eine menschliche Gesellschaft voraus, und die Tiere haben nicht auf die Menschen gewartet, dass diese sie erst das Spielen lehrten. Tiere spielen genauso wie Menschen. Alle Grundzüge des Spiels sind schon im Spiel der Tiere verwirklicht. Man muss nur junge Hunde beim Spielen beobachten. Sie beobachten die Regel, dass man seinem Bruder nicht das Ohr abbeissen soll.“
Von 0 bis 99+
Um die Frage zu beantworten, ob Spielen etwas für die älteren Mitarbeiter ist, verweise ich einmal auf meinen Vater, Jahrgang 1947. Ob es nun strategische Spiele wie Schach sind, eine schnelle Runde „Mensch ärgere dich nicht“ oder Spiele in digitaler Version wie „Candy Crush“, Mahjong, oder Solitär. Ich werde ihn damit begeistern können. Er spielt sie gerne.
Die Organisation „Gamified UK“ hat eine Umfrage durchgeführt. Bei dieser Umfrage wurde festgestellt, dass 43% der befragten Menschen zwischen 6 und 64 Jahren sagen, dass sie in irgendeiner Form Videospiele spielen. 57% der Befragten waren männlich und 43% weiblich. Im Arbeitsalter zwischen 18 und 60 Jahren sind 78% potentielle Gamer. Der Peak befindet sich zwischen den 25- bis 44-Jährigen, ist aber immer noch signifikant ausgeprägt bei den 44- bis 64-Jährigen. Und wir reden hier nur von Videospielen.
Wenn ich in diesem Jahr wieder die Spiel Messe in Essen besuche, werde ich mich nicht darüber wundern, wie viele „Ältere“ diese Messe besuchen. Es werden im Jahr 2018 insgesamt 182.000 Besucher erwartet. Der Schwerpunkt dieser Messe sind Gesellschaftsspiele jeder Art. Aber auch Computerspiele sind angepriesen.
Ich denke, dass das Alter nicht wirklich eine Begründung darstellt, um eine Altersgruppe als Nichtspieler zu bezeichnen. Es kommt lediglich darauf an, die richtige Motivation zu finden, damit gespielt wird.
Spielertypen
Wir können also festhalten, dass Spielen bereits evolutionär bedingt irgendwie in unserer DNA enthalten ist. Viel wichtiger wäre also die Antwort auf die Frage, wie man den vermeintlichen Nichtspieler motivieren möchte. Um diese Frage zu beantworten, muss man einmal definieren, um welchen Spieltypen es sich im konkreten Fall handelt.
Nick Yee, Doktor der Philosophie und Bachelor der Psychologie, Mitgründer von Quantic Foundry und ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter vom Palo Alto Research Center aus Californien, hat 2006 eine groß angelegte empirische Forschung durchgeführt, in der er ein empirisches Modell für Spielermotivation entwickelte, anhand dessen jeder Spieler innerhalb der folgenden Motivationen eingeordnet werden kann.
- Action: Action wie z.B. Sport- oder Kampfspiele werden als spannend empfunden.
- Social: Wettbewerb und sozialer Kontakt sind diesem Typen wichtig.
- Mastery: Strategisches Denken und die Herausforderung sind hier der Mittelpunkt
- Achievement: Hier wird der Sammler Urtrieb angesprochen
- Immersion: Der Spieler taucht gerne in andere oder fremde Welten ein
- Creativity: wie das Wort schon sagt, wird diesem Typen Kreativität gefallen.
Egal welches Spiel Sie gerade spielen, einer der oben genannten Punkte wird Sie ansprechen. Gute Spiele werden entsprechend so gestaltet, dass gleich mehrere dieser Typen angesprochen werden, um einen möglichst großen Kundenkreis zu erhalten.
Ein weiteres Modell hat Yu-Kai Chou erfunden. Das Octalysis Framework. Yu-Kai Chou ist seit 2003 ein Pionier der Gamification Szene und ein internationaler Keynote Speaker. Er unterscheidet nach treibenden Komponenten, sogenannten Core Drives. Gutes Gamification oder Spiel sollte möglichst viele der acht Komponenten ausgewogen ansprechen.
- epische Bedeutung
- Entwicklung und Leistung
- Selbstbestimmung zur Kreativität und Feedback
- Besitz und Eigentum
- sozialer Einfluss und Verbundenheit
- Knappheit und Ungeduld
- Unberechenbarkeit und Neugier
- Verlust und Vermeidung
Nicht nur der Spieltyp bestimmt ob ein Spiel oder Prozess gespielt wird oder nicht. Sondern auch, ob die treibenden Kräfte nach Cho ausgewogen vorhanden genutzt werden. Berücksichtige ich bei einer Gamifizierung eines Prozesses die oben genannten Typen und Komponenten, sollte schlussendlich für jeden Geschmack etwas dabei sein, das eine Motivation darstellt.
Fazit
Als Fazit kann ich feststellen, dass es grundsätzlich keine Nichtspieler gibt oder geben kann. Es kann allerdings schon sein, dass jemand noch nicht sein Spiel gefunden hat oder durch entsprechende Motivatoren angesprochen wurde.
Auch das Alter kann nicht als Grund genannt werden, dass jemand nicht spielt. Denn wenn überhaupt, liegt es nicht am Alter als solches, sondern am Spiel, was die Zielgruppe ggf. nicht anspricht. Folglich wäre eine konkrete „Altersgruppe“ zwischen 0 und 99+ gemeint, und nicht „ältere Mitarbeiter“.
Somit kann Spiel in jeder Unternehmung durchaus funktionieren, wenn es für den konkreten Sachverhalt oder das jeweils zu erreichende Ziel, richtig angewendet wird. Nicht jede Lösung ist auf jedes Problem gleichermaßen anzuwenden. Nennen Sie mir Ihr konkretes Anliegen.
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