Ist Spiel und Gamification eine Modeerscheinung?

In meinem Beitrag „Gamification – mehr als nur ein Buzzword“ habe ich beschrieben, was Gamification ist. Es ist mehr als nur ein Spiel.

Gamification ist das Anwenden spielerischer Elemente, auf nichtspielerische Prozesse. Zudem kann es wie eine Methode für Veränderungsprozesse verwendet werden. Man kann das Verhalten menschlicher Handlungen mit Gamification positiv beeinflussen. Aber woher kommt Gamification? Handelt es sich nur um eine weitere Modeerscheinung? Genau genommen muss die Frage geklärt werden, was Spiel eigentlich ist und woher kommt es?

Spiel

Johan Huizinga, niederländischer Kulturhistoriker schrieb 1938 in seinem Buch „Homo Ludens“ folgendes:

„Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des „Andersseins“ als das gewöhnliche Leben.“

Er war aber nicht der erste Mensch der von Spielen schrieb oder redete. Ich persönlich halte jedoch seine Definition für die schönste. Das ist aber auch nur meine persönliche Meinung.

Hermes soll die Würfel erfunden haben

Um zu klären woher Spiel kommt muss man weit in die Vergangenheit zurück reisen, nach Frankreich. Dort wurden Höhlenmalereien gefunden, die den spielerischen Umgang mit Dingen beweisen. Das genaue Datum ist mir nicht bekannt.

Laut griechischer Mythologie ist Spiel eine Erfindung der Götter. Der Gott Hermes soll die Würfel erfunden haben, um zu spielen. In China wurde vor zwei Jahrtausenden Keno erfunden, ein Zahlenlotto, dass dem heutigen Bingo sehr ähnlich ist. Keno wurde erfunden, um die chinesische Mauer zu finanzieren. Quasi die erste Staatslotterie.

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Im folgenden möchte ich einige historische Spiele auflisten um aufzuzeigen, wie lange Spiele bereits exisitieren.

Eines der ältesten bekannten Spiele ist Mehen, auch als Schlangenspiel bekannt. Es kommt aus dem Alten Ägypten. Belegt wurde es seit etwa 3000 v. Chr.

Senet ist ein altägyptisches Brettspiel. Es lässt sich bis auf 2600 v. Chr. belegen. Es weist Ählichkeiten mit unseren heute bekannten Spielen Backgammon und Mensch-ärgere-dich-nicht auf.

Kottabos ist ein Geschicklichkeitsspiel aus den griechischen Kolonien Siziliens. Es wurde gerne zu Trinkgelagen gespielt was den besonderen Reiz ausmachte. Es wurde im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. gespielt und geriet im 4. Jahrhundert v. Chr. wieder aus der Mode.

Spiel war anspruchsvoll und brutal

Auch bei den Wikingern wurde gerne gespielt. Spiele wie knattleikr, eine Art von Fußball oder Brettspiele sowie natürlich Trinkspiele waren sehr beliebt. Allerdings alles etwas ruppiger. Es war eine spielerische Vorbereitung, ein Training für den Kampf. „Die Spiele waren körperlich sehr anspruchsvoll und brutal und konnten auch schwere Verwundungen der Teilnehmer oder sogar den Tod eines von ihnen zur Folge haben“, sagt Gardela der Wissenschaftsplattform ScienceNordic.

Kriege wurden seinerzeit nicht selten dem Glücksspiel überlassen. Sie wurden sogar durch eine Lotterie finanziert. Es war sogar ein gesellschaftlicher Anlass an einer Kriegslotterie im Sezessionskrieg teilzunehmen.

Mikado ist ein relativ modernes Spiel. Es ist seit ca. 100 v. Christus bekannt. Es hatte damals aber noch sehr viele Anteile von Orakeln.

Dem Städtespiel sehr ähnlich soll unser heutiges Schach (5. Jh. n. Chr.) sowie das Damespiel (12. Jh., Südfrankreich) gewesen sein.  Die Ursprünge dieses Spieles liegt bei den Römern. Halma (1883, Erfunden durch George Howard Monks) soll es auch in einer ähnlicher Variante bereits gegeben haben.

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Jeder kennt auch Schere, Stein, Papier, auch unter Schnick Schnack Schnuck bekannt. Es hat seine Ursprünge im Mittelmeerraum wie sehr viele der heute bekannten Spiele. Es ist unter dem Name Morraspiel in Italien bekannt.

Gamification ist keine Modeerscheinung

Wie man merkt ist spielen keineswegs eine neumodische Erscheinung. Gespielt wurde aus gesellschaftlichen Gründen, zur Belustigung oder um ernste Themen wie Krieg vorherzusehen und zu orakeln.

Stellen wir fest das auch in der Vergangenheit spielerische Elemente auf nichtspielerische Prozesse angewendet wurden. Ob man das als Gamification bezeichnen darf, möchte ich nicht festlegen. Ich möchte jedoch behaupten, dass wenn es etwas gibt, dass mehrere Jahrtausende genutzt wurde, auch das Potenzial hat viele weitere Jahrtausende benutzt zu werden. Nichts spricht dagegen, dass diese Methode nicht auch lange Zeit funktionieren kann. Ich möchte nicht ausschließen, dass der Begriff sich verändert. Die Methode dahinter wird wahrscheinlich nie aussterben.

Wann genau der Begriff Gamification entstanden ist, kann ich nicht genau herausfinden. Deterding beschreibt 2011 Gamification als „use of game design elements in non-game context“. Finde ich eine geeignete Antwort reiche ich sie nach.

+++Nachtrag+++
Kira Downer von Gamification+ war so nett und hat für mich im Kleingedruckten herausgefunden, dass Gamifiction 2002 das erste Mal von Nick Pelling erwähnt wurde. Vielen Dank Kira.
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Quellen:
Peter A. Piccione: Mehen, Mysteries and Resurrection from the Coiled Serpent.
Erwin Glonnegger: Das Spiele-Buch: Brett- und Legespiele aus aller Welt
Karl Sartori: Das Kottabos-Spiel der alten Griechen.
Ulrich Schädler: Latrunculi, ein verlorenes strategisches Brettspiel der Römer
Homo Ludens, Johann Huizinga
Wikipedia.de
Spiegelonline.de

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